Erschöpfung
Es gibt eine ganz natürliche Erschöpfung am Abend, die mit einem erholsamen Schlaf über Nacht wieder ausgeglichen wird. Fühlt sich der Betroffene jedoch auch tagsüber oder schon am Morgen, wenn er aufwacht, öfter erschöpft, kraftlos und müde, so ist dies ein Anzeichen für eine gesundheitliche Belastung. Erschöpfung ist zunächst einmal keine Erkrankung, sondern ein Symptom. Es können unterschiedlichste Ursachen (z.B. Traumatisierung, bestimmte Medikamente) oder Erkrankungen (z.B. Unterfunktion der Schilddrüse, Borreliose, Krebserkrankung, Depression) zugrunde liegen, welche abgeklärt werden sollten. Liegt eine starke Erschöpfung mit Müdigkeit ohne eine Grunderkrankung über mehr als 6 Monate vor, so spricht man von einem chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS).
Der Heilpraktiker Heinz Grill weist darauf hin, dass sich eine Erschöpfung seelisch-geistig gesehen besonders dann entwickeln kann, wenn das Individuum falsche Wege begeht. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn jemand aus Idealismus sich im sozialen Bereich engagiert und dabei nicht bemerkt, dass er die Hilfsbedürftigkeit seiner Schützlinge versehentlich sogar noch verstärkt. Auf diese Weise wird sich der Betroffene zunehmend überfordern und verausgaben. Andererseits gibt es auch den Fall, dass sich jemand beständig unterfordert, weil er vielleicht aus Angst vor Verantwortung eine Arbeitsstelle mit einer höheren Anforderung ablehnt, obwohl er die Fähigkeiten dazu hätte. Auch bei einer länger andauernden Unterforderung kann sich mit der Zeit eine Erschöpfung entwickeln.
Weiterhin kann es zu Erschöpfung kommen, wenn der Einzelne bei sich selbst vereinsamt oder auf sich selbst zurück geworfen wird. Dies kann durch alle trennenden Einflüsse begünstigt werden, wie z.B. Gewaltsames, Traumatisierendes oder Verletzendes. Hier ist insbesondere die weit unterschätzte traumatisierende Wirkung von Lügen und Diffamierungen zu nennen, sowohl im Bereich der Medien, wie auch im privaten und beruflichen Bereich. Diese haben heute ein ungeheures Ausmaß im gesamten Lebensalltag angenommen. Die damit verbundene Isolierung der Individualität – und das betrifft nicht nur denjenigen, über den die Lüge behauptet wird, sondern auch denjenigen, der getäuscht wird – legt die Grundlage für eine nervliche Erschöpfung, die schließlich zu einer allgemeinen Erschöpfung werden kann.
Burn Out
Das Burn Out könnte man als einen Spezialfall von Erschöpfung bezeichnen. Der Begriff „Burn Out“ (deutsch: Ausgebranntsein) wurde erstmals in den 70er Jahren geprägt. Burn Out ist streng genommen keine Diagnose und es gibt auch kein genau festgelegtes Beschwerdebild. Allen unterschiedlichen Beschreibungen ist gemeinsam, dass die Beschwerden als Folge von belastenden beruflichen Tätigkeiten, wie z.B. in helfenden, sozialen oder pädagogischen Berufen, bei Managern, oder außerberuflichen Tätigkeiten, wie z.B. die Pflege von Angehörigen, gesehen werden. Mögliche Ursachen sind: dauerhafte Überforderung, aber auch dauerhafte Unterforderung, ständiger Zeitdruck, Konflikte mit Kollegen, extreme Einsatzbereitschaft mit Vernachlässigung eigener Bedürfnisse.
Neben den Symptomen einer starken Erschöpfung, mangelnder Energie, Müdigkeit und einer damit verbundenen Niedergeschlagenheit und verminderten Leistungsfähigkeit, die bei jeder Erschöpfung auftreten können, ist für ein Burn Out charakteristisch, dass der Betroffene an einer Entfremdung von der (beruflichen) Tätigkeit leidet. Das zeigt sich darin, dass die Arbeit zunehmend als belastend und frustrierend erlebt wird und dass sich eine starke emotionale Distanz und zunehmende Abstumpfung gegenüber den (beruflichen) Aufgaben entwickelt. Auch kann eine zynische Haltung gegenüber Arbeitsbedingungen und Kollegen entstehen.
Starke Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und verringerte Leistungsfähigkeit treten nicht nur bei einem Burn Out auf, sondern sind auch charakteristisch für eine Depression. Die Entfremdung von der beruflichen Tätigkeit ist typisch für das Burn Out, wohingegen bei der Depression ein mangelndes Selbstwertgefühl und Hoffnungslosigkeit in Bezug auf alle Lebensbereiche bis hin zu Suizidgedanken vorliegen. Burn Out und Depression sind demnach nicht gleichzusetzen. Burn Out-Beschwerden können aber wiederum das Risiko, an einer Depression zu erkranken, erhöhen.
Therapeutischer Ansatz bei Erschöpfung und Burn Out:
Der Betroffene braucht Ruhe. Das allein ist aber meist nicht genug. Er braucht andererseits eine sinnvolle Aktivierung und Erkraftung. Muskeln, die durch Überanstrengung verausgabt sind, sind durch Ruhe entlastbar. Auch das Nervensystem kann sich durch Ruhe regenerieren. Aber sowohl die Muskeln, wie das Nervensystem brauchen genauso die richtigen Anforderungen, damit sie nicht zu sehr abbauen. Bei der Erschöpfung liegt in der Regel eine mehr oder minder große Dissoziation oder Störung im Leib-Seele-Gleichgewicht vor und der Einzelne benötigt sowohl sinnvolle psychische, wie auch sinnvolle körperliche Anforderungen, damit sich die Seele wieder auf günstigere Weise mit dem Körper verbinden kann.
Eine Erschöpfung entwickelt sich in der Regel über einen längeren Zeitraum und deshalb braucht es auch einige Zeit und Geduld, bis diese in eine Heilung finden kann. Eine länger andauernde Erschöpfung sollte durchaus ernst genommen werden, da sich, wenn einmal das ganze System nervlich, physisch oder allgemein erschöpft ist, auch weitere zunehmende pathologische Verschlechterungen entwickeln können.
Wesentliche therapeutische Maßnahmen sind:
1. Entwicklung von einigen zielorientierten Grundsätzen und sinnvolle Aktivierung des Seelen- und Lebenspotenzials
Ein wesentlicher zielorientierter Grundsatz betrifft das Vermögen, Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen, die auf der Basis einer gedanklichen Klarheit und einer guten Willensgrundlage getroffen werden, verändern das Leben. Es wird mit dem Treffen einer Entscheidung und dem konsequenten Durchhalten dieser Entscheidung die stabilisierende Eigendynamik und -zentrierung des Betroffenen verbessert. Das Unterlassen von Entscheidungen oder Nicht-Durchhalten von Entscheidungen führt tendenziell zu weiteren Kraftverlusten. Gerade in der Erschöpfung sollte sich der Einzelne nicht von den Stimmungen des Gemütes abhängig machen, sondern klare Entscheidungen treffen und diese auch durchhalten lernen.
2. Anregung eines gesunden Sinnesprozesses mit bewusster Wahrnehmung
Emotionen wie Ärger, Wut, Angst, aber auch ein Schwelgen in Lustgefühlen schwächen den Menschen. Ein bewusstes Spüren und Wahrnehmen der Umgebungseinflüsse lassen ein natürliches freudiges Empfinden entstehen, das stärkend wirkt. So führt beispielsweise das schnelle Überhitzen und Aufheizen in der Sauna und anschließende schnellfertige begierige Abkühlen im kalten Wasser insgesamt zu einer Wärmeverausgabung, anstatt zu einem Wärmegewinn, womit wiederum Erschöpfungszustände prädestiniert werden. Werden die Hitze- und Kälteeinflüsse jedoch auf bewusstere Weise wahrgenommen – man bemerkt dann zum Beispiel, dass das Kalte des Wassers eine leichte Schmerzempfindung an der Haut auslöst -, dann führt dies im Gesamten zur Kräftigung.
3. Entwicklung der Fähigkeit, aktiver mit den Bedingungen im Umfeld umzugehen und mit der Zeit eine günstigere Ordnung herbeizuführen, beispielsweise bei Spannungen und Disharmonien im persönlichen Umfeld oder in der Arbeit
Zur weiteren Unterstützung können verschiedene Heilpflanzenpräparate oder anthroposophische Heilmittel eingesetzt werden.
Depression
Die Depression ist eine psychische Erkrankung, die zu den sogenannten Gemütsleiden gezählt wird. Folgende Beschwerden sind typisch:
- Störung des Gefühlslebens: Der Betroffene fühlt sich ohne Hoffnung und Perspektiven, mit Schuldgefühlen und mangelndem Selbstwert. Der Depressive empfindet keinerlei Freude mehr, er fühlt eine Art tiefe Traurigkeit oder nicht einmal mehr Trauer, sondern nur noch eine Leere. Er fühlt sich wie ausgebootet aus dem natürlichen Fluss des Lebens.
- Hemmung oder Blockade des Willens: Der Depressive bringt kaum noch den Willen auf, etwas zu tun. Alles erscheint ihm unmöglich zu bewältigen und er fühlt sich schnell erschöpft.
- Hemmung des Denkens: Auch das Denken ist erschwert. Der Betroffene neigt zu starkem Grübeln, leidet unter Konzentrationsstörungen und fehlender Aufmerksamkeit bis hin zu Gedächtnisstörungen.
- Es kommt zu Schlafstörungen mit typischem frühmorgendlichem Erwachen (meist gegen 3 Uhr), zu Appetitstörungen mit Heißhunger auf Süßes oder fehlendem Appetit. Häufig ist die Stimmung des Depressiven am Morgen auf einem Tiefpunkt und bessert sich zum Abend hin etwas.
Das Erscheinungsbild einer Depression kann sehr unterschiedlich sein. Es kann eine leichte Form der depressiven Verstimmung vorliegen, es kann aber auch zu einem sehr schweren Verlauf mit Suizidgedanken oder mit Wahnvorstellungen kommen. In so einem Fall ist die Hilfe eines Arztes bzw. Psychiaters unbedingt in Anspruch zu nehmen.
Ursachen für Depressionen können unterschiedlichster Art sein. Sie kann aufgrund einer körperlichen Erkrankung, z.B. Schilddrüsenunterfunktion, organisch-körperlich bedingt sein. Dann gibt es Depressionen, deren eigentliche Ursache nicht bekannt ist, welche durch zwischenmenschliche Belastungen, Veränderung der Lebensumstände oder Vereinsamung ausgelöst werden. Eine Depression kann aber auch psychische Ursachen haben, wie ungelöste innere Konflikte aus der Kindheit, die durch aktuelle emotionale Ereignisse reaktiviert werden. Psychische Traumatisierungen, u.a. Mobbing mit Verleumdungen und Beleidigungen, können ebenfalls eine Depression auslösen, diese wird dann als reaktive Depression bezeichnet.
Sonderformen der Depression sind die Altersdepression, die heute recht weit verbreitet ist, die Wochenbettdepression und die klimakterische Depression, die in den Wechseljahren der Frau auftritt. Eine weitere Form ist die saisonal bedingte Depression, die nur im Herbst und Winter auftritt. Bei der bipolaren Depression wechseln sich Phasen der Depression mit Phasen der Manie (diese ist mit einer übersteigerten Selbsteinschätzung, euphorischer, grundloser Heiterkeit, unermüdlicher Betriebsamkeit und eventuell Größenwahn verbunden) ab.
Schulmedizinisch wird überwiegend medikamentös mit Antidepressiva behandelt, eventuell wird auch Psychotherapie eingesetzt.
Therapeutischer Ansatz bei Depression:
(in mittelschweren und schweren Fällen nur als begleitende Maßnahme zur ärztlichen / psychotherapeutischen Behandlung)
Bei der Depression versinkt das ganze Bewusstsein des Menschen in der Schwere und Belastung der Materie. Der Wille ist gehemmt oder sogar blockiert. Auffällig ist dabei, dass schon eine Kraft vorhanden wäre, nur ist diese blockiert. Dies hängt aus seelisch-geistiger Sicht damit zusammen, dass sich das Denken nicht mehr aufschwingt zu Ideen und klaren Gedanken, sondern in unzähligen Grübeleien versinkt.
Die Erkrankung der Depression stellt insofern eine besondere Anforderung, da der Depressive gerade die Aktivitäten ergreifen müsste, die ihm am Schwierigsten und Unmöglichsten erscheinen. Es ist erforderlich, nicht in die Stimmungen des Gemütes zu versinken, sondern in eine rationalere, konkretere Gedankensphäre mit neuen Perspektiven einzutreten. Es benötigt die mutige Entwicklung zu einem freieren und reiferen Individuum. Für den Depressiven wäre es sehr wichtig, die möglicherweise bestehende Erwartungshaltung, die oft mit einem leidenden Klageton verbunden ist, loszulassen und die eigene Schöpferkraft zu entwickeln und einzusetzen.
Wesentliche therapeutische Maßnahmen in der Heilpraxis:
- Entwicklung eines bewussten Gedankenlebens
- Entwicklung einer mentalen Stärke mit Konzentrationsbildung
- Entwicklung einer aktiven Zielorientierung und Aufbau bestmöglicher Zielperspektiven
In der Naturheilkunde wird die Tatsache des frühmorgendlichen Erwachens mit einer feinstofflichen Störung der Leberfunktion in einen Zusammenhang gebracht. Geeignete Bittermittel wie z.B. Curcuma, Enzian, Wermut können die Leber förderlich unterstützen. Dem oft bestehenden Drang nach Süßem und Süßigkeiten sollte hingegen möglichst nicht nachgegeben werden.
Auch ist der Stoffwechsel in der Depression häufig träge und es kommt zu Stauungstendenzen mit Wasseransammlungen. Damit wird die phlegmatische Trägheit im Körper noch mehr gefördert. Kaltwasseranwendungen mit einer bewussten Wahrnehmung zum Wasserelement können hier eine zusammenziehende und damit entstauende Wirkung, sowie eine intensive Anregung des Stoffwechsels hervorrufen.
Die Praxis von Yogaübungen wirkt ebenfalls aktivierend, stoffwechselanregend und entstauend. Wenn insbesondere eine bewusste Gedankenbildung, Konzentrationsentwicklung und der Aufbau von spannkräftigen Zielen betont wird, kann Yogatherapie einer Depression entscheidend entgegenwirken. Weiterhin können verschiedene pflanzliche oder anthroposophische Heilmittel zum Einsatz kommen.